Abiturrede 2016
Sehr geehrte Familie Heel, sehr geehrte Eltern, liebe Kolleginnen und Kollegen , aber ganz besonders liebe Abiturientinnen und Abiturienten,

meine Funktion als Beratungslehrers lässt sich etwa wie folgt umschreiben:
Schwerpunkt der Aufgaben ist die Schullaufbahnberatung, d.h. die Information und Beratung von Schülerinnen, Schülern und Eltern über die geeigneten Bildungsgänge
Diese Aufgabe ist mit Erreichen des Abiturs erfüllt und abgeschlossen. Damit habe ich eigentlich im wahrsten Sinne des Wortes nichts mehr zu sagen.
Nun ist mir dieser Abiturjahrgang im Laufe der vergangenen 3 Jahre aber besonders ans Herz gewachsen, sodass ich doch ein paar Worte -quasi zum Abschied- an Sie und euch richten möchte.
Euer Jahrgang bestand in der Spitze aus 104 Schülerinnen und Schülern, jetzt haben 88 ihr Ziel erreicht und erhalten gleich das Abiturzeugnis ausgehändigt.
Damit möchte ich den Blick auf das diesjährige Motto richten: EKG-12 Jahre Höhen und Tiefen
In diesem Motto drückt sich eine ambivalente Einstellung zum Leben aus. So kann man In einer Lernphase die elend langen Konzentrationsphasen ohne Leerlauf verfluchen , um nach der Prüfung nichts mit der Zeit anzufangen zu wissen, man fühlt sich leer und sehnt sich nach Beschäftigung.
Höhen und Tiefen haben beide einen prägenden Einfluss auf unser Leben. Als Sportler wissen wir um die Wichtigkeit möglichst früh das Verlieren zu lernen. Das Siegen muss keiner lernen, das können wir.
Die 16 Schülerinnen und Schüler, die heute nicht zu den hier anwesenden Glücklichen gehören, haben ihr schulisches Tief nicht überwunden und mussten aus den unterschiedlichsten Gründen diese Jahrgangssstufe verlassen. Dies ist deshalb so bedauerlich, da einige der genannten Schülerinnen und Schüler aus sozialen oder gesundheitlichen Gründen gezwungen waren ihre Schullaufbahn abzubrechen.
Glücklich schätzen dürfen sich die hier anwesenden Abiturientinnen und Abiturienten, die während ihrer Schullaufbahn begriffen haben, dass man trotz eines Tiefs -mit dem nötigen Antrieb – der darf auch mal von außen kommen -auch wieder Licht am Horizont erblicken kann und möglicherweise eine neue Höhe ins Visier gerät .
Wenn es uns, damit meine ich meine Kolleginnen und Kollegen, gelungen ist, die Einsicht in die Notwendigkeit von Anstrengung als Voraussetzung von Erfolg, bei euch zu verankern, dann haben wir einen wichtigen Beitrag zu eurem Erfolg geleistet. Ich weiß, dass Anstrengung kein cooler Begriff ist und man lieber darauf verweist, dass man etwas einfach drauf hat ohne Lernen oder Anstrengung.
Trotzdem bin ich der Meinung, dass sich eine tiefe Zufriedenheit mit der eigenen Leistung erst einstellt, wenn man die Leistung klar definieren kann und der eigene Beitrag als solcher nachvollziehbar ist. Das ist euch liebe Abiturienten gelungen.
Damit sind wir beim Abitur:
Vor acht Jahren habt ihr euch an dieser Schule –dem Ernst Kalkuhl-Gymnasium angemeldet. Zu diesem Termin haben die meisten von Euch eine Bewerbung angefertigt. Weil eine so treffend zu eurem Motto passt, möchte ich beispielhaft das Bewerbungsschreiben von einem von euch kurz vorlesen:
(Quintesssenz aus dem Bewerbungsschreiben:
Nachdem der Schüler beim Besuch des Schulgartens in „stinkende mirabellenähnliche Früchte“ eines Gingkobaums getreten war :
…“Da dachte ich mir, dass der Baum zwar stinkt, aber die Schule mir trotzdem gefällt.“)
Da haben wir es wieder: das ambivalente System: es stinkt zwar, aber es gefällt mir trotzdem. Ich möchte genau hier zur Schule gehen und mein Abitur ablegen. Der Antrieb (oder die Motivation) war stark genug das Ziel nicht aus den Augen zu verlieren.
Ich glaube, der Schüler, von dem diese Zeilen stammen, hat seinen Entschluss zum EKG zu gehen, nicht bereut. ( Oder Nico?) Ich hoffe, dass dieses Gefühl bei den Meisten überwiegt.
Jedenfalls freue Ich mich mit euch über das jeweils individuelle Erfolgserlebnis und bin stolz euch in den vergangenen drei Jahren beratend zur Seite gestanden zu haben.
Ich weiß, dass die meisten von euch auch sehr stolz auf ihr Abitur sind, bei wenigen bin ich mir nicht sicher über die Wertschätzung , ob da nicht sekundäre Merkmale wie das Übertreffen des Finanzetats des vorherigen Abiturjahrgangs oder die Exklusivität des Abiballs mehr im Fokus stehen als die eigene Leistung. Wie dem auch sei – heute habt ihr allen Grund zu feiern.
Ich wünsche euch für die Zukunft, dass alle Tiefs überwunden werden und sie euch den Weg zu neuen Höhen eröffnen. Euren Familien wünsche ich viel Freude mit und an euch , vor allem heute aber auch in Zukunft.

Euer Beratungslehrer

Hubert Bretz