Ein Interview mit Clara Wigger, Q2, geführt von Annika Kompart, EF.
Clara Wigger ist 17 Jahre alt, geht in die 12. Klasse und steht kurz vor ihrem Abitur. Schon seit vielen Jahren spielt sie auf Schulkonzerten und bei Jugend Musiziert mit. Das Interview geht der Frage nach, wieso für Clara Wigger Musik ihr ganzes Leben lang eine so große Rolle gespielt und wie sie zu diesem Hobby gefunden hat.
Erstmal vielen Dank Clara, dass du dich bereit erklärt hast, uns etwas genauer zu erzählen, wie es ist, mit „Musik als Priorität“ aufzuwachsen. Vielleicht erzählst du erstmal, welche Instrumente du spielst und wie lange du sie schon spielst.
Ich habe mit etwa fünf Jahren mit Klavier angefangen, da meine Mutter Klavierlehrerin ist und ich sie immer habe spielen hören. Dann habe ich mit sieben auch Blockflöte angefangen zu lernen und mit zehn schließlich noch Klarinette. Drei Instrumente auf einmal zu spielen (und zu üben) war aber einfach zu viel, weshalb ich irgendwann mit Klavier aufgehört habe. Mit der Zeit bin ich auf der Klarinette sehr schnell deutlich besser geworden und habe mich dann voll darauf konzentriert, so dass ích auch mit Flöte aufgehört habe und jetzt nur noch manchmal z.B. an Weihnachten in der Kirche oder „so“ spiele. Vor einem guten Jahr habe ich aber wieder mit dem Klavier üben angefangen, da man für ein Musikstudium auch Klavier spielen können muss.
Wie du bereits sagtest, hat deine Mutter dich zum Klavier spielen inspiriert. Was hat dich dann in Richtung Flöte und Klarinette gelenkt?
Dass es am Ende die Klarinette geworden ist, habe ich wohl meinem Patenonkel zu verdanken, der bei sich zu Hause Blasinstrumente sammelt. Als ich einmal bei ihm war, habe ich alle ausprobiert und bin irgendwie an der Klarinette hängengeblieben. Mein Name spielt aber vielleicht auch eine Rolle …
Da deine Mutter Klavierlehrerin ist, gehe ich davon aus, dass deine Eltern dich sehr unterstützen.
Sehr. Meine Mutter ist Klavierlehrerin und mein Vater spielt Cembalo, ich bin also quasi mit Musik aufgewachsen. Klarinette ist ja schon eher ein teures Instrument, ich will gar nicht wissen, wie viel Geld ich bzw. meine Eltern z. B. für Klarinettenblätter ausgeben. Und auch bei größeren Konzerten fahren sie immer mit und hören zu.
Wie oft spielst du unter der Woche und welche Ausbildung hast du eigentlich hinter dir?
Ich habe von Anfang an Klarinetten-unterricht bei Johann-Peter Taferner, da hatte ich echt Glück, dass ich zu ihm gekommen bin. Darüber hinaus nehme ich an vielen Workshops teil, z.B. Klezmer-Workshops. Auch das Spielen in diversen Orchestern hat viel dazu beigetragen, wie ich mich entwickelt habe.
Wie viel ich übe schwankt immer, vor größeren Konzerten natürlich mehr als nach einem Konzert. Momentan pendle ich mich so bei einer Stunde Klarinette und einer halben Stunden Klavier ein. Das kann aber auch wieder mehr werden, wenn der Konzertstress wiederkommt.
Bevor wir zu Jugend Musiziert kommen. Könntest du mal erzählen wie es generell ist, auf einem Konzert zu spielen.
Naja, jedes Konzert ist anders. Ich passe mein Programm auch immer ein bisschen an das Publikum an. Aber generell liebe ich es, vorzuspielen, vor allem, wenn man merkt, dass es gut läuft und das Publikum auch gut dabei ist und nicht gefühlt einschläft. Etwas nervös bin ich eigentlich immer, vor allem wenn ich nicht optimal vorbereitet bin – aber das ist auch gut so.
Wie du bereits gesagt hast, machen dir Konzerte sehr viel Spaß. Wie ist das mit Schulkonzerten?
Schulkonzerte sind insofern etwas Besonderes, dass es mich persönlich immer etwas mehr stresst als Konzerte, bei denen mich keiner persönlich kennt. Bei Schulkonzerten sind häufig auch Lehrer und Mitschüler anwesend, da will man natürlich besonders gut spielen. Diesen zusätzlichen „Kick“ fand ich immer gut, vor allem vor Wettbewerben, weil sich da dann gezeigt hat, ob man die Stücke wirklich kann.
Wie ich gehört habe, machst du schon seit ein paar Jahren bei Jugend Musiziert mit. Vielleicht könntest du kurz erzählen, was das genau ist?
„Jugend Musiziert“ ist der größte instrumentenübergreifende Wettbewerb Deutschlands für Kinder und Jugendliche. Das Hauptziel ist, den Teilnehmenden eine Motivation zum Üben zu bieten. Es gibt drei Runden: Regional-, Landes- und Bundeswettbewerb. Der Regionalwettbewerb ist für Musiker aus einer Stadt oder aus einem Kreis – jeder kann da mitmachen. Wenn man einen „1.Preis mit Weiterleitung zum Landeswettbewerb“ erzielt, kommt man weiter zum Landeswettbewerb, der dann irgendwo in NRW stattfindet und an dem alle aus NRW, die weitergekommen sind, teilnehmen. Wenn man sich dann da noch für den Bundeswettbewerb qualifiziert, kommt man zuletzt zur Bundesebene. Für Klarinette gibt es drei verschiedene Kategorien, die sich immer abwechseln: Solo, Duo (Klarinette und Klavier) und Ensemble. Außerdem gibt es verschiedene Altersgruppen, um eine objektivere Bewertung zu ermöglichen. Im Regional – und Landeswettbewerb sind es meistens recht wenige in einer Altersgruppe, im Bundeswettbewerb können das dann aber schon mal 30 – 40 Teilnehmer einer Instrumentenkategorie sein, allerdings kommt das auch auf die Altersgruppe und die Kategorie an.
Wie oft hast du schon teilgenommen und hast du es bereits in den Bundeswettbewerb geschafft?
Ich habe das erste Mal 2014 bei JuMu mitgemacht, als ich noch nicht einmal ein Jahr Klarinette gespielt habe. Von da an jedes Mal, außer dieses Jahr. Insgesamt also sechs Mal.
In den Landeswettbewerb habe ich es ab dem zweiten Mal immer geschafft, in der Ensemble- und Solowertung auch je einmal in den Bundeswettbewerb, letztes Jahr hat es dafür leider nicht gereicht, da sind einfach sehr viele Sachen zusammen gekommen – frustrierend ist das natürlich sehr, aber danach war ich motivierter als je zuvor, habe einiges an meiner Spielweise geändert und dann auch sehr starke Fortschritte gemacht.
Wie viel Arbeit steckst du in die Vorbereitung von Jugend Musiziert?
Ich fange meisten im Herbst an, die Stücke zu üben, der Regionalwettbewerb ist dann im Januar. Wenn ich weiterkomme, mache ich dann kurz ein bisschen Pause von den Stücken, fange dann nach zwei Wochen oder so aber wieder an, sie nochmals intensiv zu üben. Der Landeswettbewerb ist meistens im März. Vor dem Bundeswettbewerb dann das gleiche Spiel, er ist meistens Ende Mai oder Anfang Juni.
Konnte trotz des Coronavirus Jugend Musiziert stattfinden? Der Regionalwettbewerb wurde noch durchgeführt, der ist ja schon im Januar. Der Landes- und Bundeswettbewerb musste dann aber komplett abgesagt werden.
Wie ich auch aus eigener Erfahrung lernen musste, verlaufen nicht alle Konzerte immer erfolgreich. Ich habe mich gefragt, ob dir auch mal ein Konzert missglückt ist?
Ich bin grundsätzlich fast nie zufrieden, wenn irgendetwas nicht optimal geklappt hat. Danach werde ich nicht sagen: „ Hey, das war richtig gut!“. Dass ich zufrieden war, ist bis jetzt, glaube ich, nur zwei oder drei Mal vorgekommen. Richtig missglückt, so dass ich total „raus geflogen“ bin – soweit ich mich erinnern kann – ist mir ein Auftritt erst zweimal letztes Jahr: Eines im kleinen Kreis vor meinem Lehrer, das war nicht so schlimm und das andere Mal im Rahmen einer Lesung. Ich habe auswendig gespielt und gemerkt, dass ich kurz vor einem Blackout stehe und habe dann improvisiert und das Stück radikal gekürzt. Gemerkt hat das keiner, aber man fühlt sich danach natürlich trotzdem sehr schlecht.
Die Folge von solchen Vorspielen ist eigentlich immer die gleiche: Üben, üben, üben …
Du bist gerade dabei dein Abitur zu machen. Schaffst du es trotzdem noch konsequent zu üben? Und hast du Musik als Abiturfach genommen?
Jein. Ich habe zwar noch geübt, aber deutlich weniger als normalerweise. Das lag aber nicht am Abi, sondern auch an den wegen Corona fehlenden Konzerten, den klaren Zielen und dementsprechend hatte ich wenig Motivation.
Tatsächlich ist Musik eher nicht mein Lieblingsfach gewesen (Orchester als Grundkurs in der 11.Klasse natürlich schon). Der Musikunterricht in der Schule hat nur sehr wenig mit dem eigentlichen Musikmachen zu tun. Die Theorie, die wir gelernt haben, war nur sehr oberflächlich und für mich nichts Neues. Von daher gab es andere Fächer, die ich oft lieber gemacht habe.
Dennoch hätte ich gerne Musik LK gewählt. Da gibt es in Bonn einen schulübergreifenden Leistungskurs, aber der wird bei uns leider nicht angeboten. In der Q1 wollte ich dann gerne den Instrumentalpraktischen Kurs – also die benotete Teilnahme am Schulorchester – wählen. Ich wollte auch gerne Sport im Abi haben, deswegen habe ich mich gegen den schulübergreifenden Musik Leistungskurs entschieden.
Welche Rolle denkst du, wird Musik nach dem Abitur und nach Corona für dich spielen? Und welche Vorstellung hast du generell für deine Zukunft?
Musik wird auf jeden Fall weiter eine große Rolle spielen. Ich bin hier in der Region schon sehr gut bei Konzerten etc. eingebunden, von daher wird hoffentlich auch weiter viel zu üben und zu spielen sein.
Ich würde sehr gerne Klarinette studieren – allerdings ist die Konkurrenz und das Niveau sehr hoch, deshalb weiß ich nicht, ob ich ein Studium schaffen würde. Außerdem habe ich Angst, dass ich irgendwann die Freude an der Musik verliere, wenn es zu sehr zu einer Verpflichtung wird. Deshalb schwanke ich momentan zwischen einem Musikstudium und einem Sportstudium.
Da du im Schulorchester spielst, schließe ich daraus, dass du auch gerne mit anderen musizierst!? Wirst du nach dem Abitur weiter im Orchester spielen?
Klarinette ist eigentlich ein Duo Instrument. Es gibt nur sehr wenig Literatur für Klarinette solo, sehr viel ist für Klarinette und Klavier geschrieben. Ich spiele seit ein paar Jahren mit Regina Walter zusammen – das passt wirklich gut. Von daher ist es mittlerweile nicht wirklich schwerer, zusammen als alleine zu spielen. Aber natürlich, wenn einer Fehler macht, wirkt sich das auch auf den anderen aus. Von daher kann schnell mal was schief gehen, aber man lernt mit der Zeit, dann wieder zusammen zu finden. Bevor man zusammen probt, übt jeder erstmal die eigene Stimme. Die ersten Proben sind dann eher dafür da, die Stimmen gut übereinander zu bekommen und weniger dafür, direkt im Detail zu arbeiten.
Vermutlich werde ich nicht mehr ins Orchester gehen, allein schon, da ich wahrscheinlich im September für ein Jahr einen Freiwilligendienst in Rumänien beginnen werde.
Welche Tipps hast du für Jugendliche, die auch gerne in ihrem Instrument schnell besser werden wollen? Was würdest du ihnen raten? Was machst du, wenn dir etwas gar nicht gelingt?
Den Geheimtipp gibt es da nicht wirklich – ohne Üben wird man nicht besser. Aber viele Konzerte zu spielen, mal in ein Jugendorchester zu gehen oder zu Workshops gehen, kann helfen. Wenn man gar nicht weiter kommt, sollte man vielleicht sogar den Lehrer wechseln. Ich finde es immer wichtig, Spaß an der Musik zu haben. Die Stücke, die man spielt, selber oder mit auszusuchen, kann helfen und sich vielleicht bewusst zu werden, in welchen Stilen man sehr gut ist und in welchen nicht.
Wenn ich das Gefühl hatte, nicht weiterzukommen, habe ich meistens versucht, mein Material (also Blätter, Mundstück oder sogar die Klarinette) zu wechseln oder mal etwas Neues auszuprobieren, zum Beispiel einen neuen Stil. Sich für eine gewisse Zeit mit etwas Anderem am Spiel zu beschäftigen als immer die gleichen Stücke und Stile zu üben, hat mir schon oft geholfen.
Liebe Clara, ich danke dir für das Interview. Ich wünsche dir weiter viel Spaß mit der Musik und alles Gute für deine Zukunft.
Annika Kompart und Clara Wigger