Am Montag, den 3.6.2019, unternahmen alle Erdkundekurse der EF in Begleitung von Herrn Möckel, Herrn Lüdtke und Herrn Gay mit dem Bus eine Exkursion zum Thema „Braunkohletagebau im Rheinischen Revier“.
Die Fahrt führte über die Friedrich-Ebert-Brücke (A 565) vorbei am Bonner Hafen über Graurheindorf und Tannenbusch in Richtung Alfter und Bornheim. Während der Fahrt wurden wir über stadtgeografische Details in diesen Stadtteilen informiert. Wir sahen die unterschiedlichen Baustile, z.B. Plattenbauten aus den 60er und 70er Jahren, zu Bonns Hauptstadtzeiten, als schnell neuer Wohnraum für die Beamten geschaffen werden musste und die Wohnungsnachfrage rasch anstieg. Zudem erklärte uns Herr Möckel den Wandel in den Stadtteilen.
In Bornheim konnten wir physische Besonderheiten der Landschaft wie z.B. eine große Senke durch einen ehemaligen Rheinarm erkennen, wo heute Kiesabbau betrieben wird. Die Fahrtstrecke durch das Vorgebirge war geprägt von der Aussicht auf die landwirtschaftlichen Nutzflächen mit Sonderkulturen wie Spargel, Erdbeeren und Kirschen. Daneben werden diese Gebiete auch zur Stromerzeugung durch Windkraftanlagen, für den Blumenanbau und für die Ansiedlung neuer Gewerbebetriebe genutzt.
Über Kardorf, Walberberg und Pingsdorf gelangten wir mit Blick auf die Industrie- und Raffinerieanlagen in Wesseling in den Bereich der ehemaligen Tagebaugebiete. Am Bleibtreusee, wo früher Braunkohle im Tagebau abgebaut wurde, machten wir Halt. Er ist durch forstwirtschaftliche Rekultivierungsmaßnahmen sowie Auffüllung des Restloches durch Niederschlags- und Grundwasser entstanden und inzwischen ein beliebter Badesee mit vielfältigen Freizeitangeboten, z.B. Wasserskianlage, Angel- und Tauchplätze. Dies alles sahen wir uns aus nächster Nähe vom Ufer aus an.
Bei der Weiterfahrt erfuhren wir, dass es zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis zu 23 kleinere Tagebaue in der südlichen Ville gab, wovon einige allerdings schon in den 50er/60er Jahren aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen waren. Heute sind nur noch die drei Abbaugebiete Garzweiler, Hambach und Inden vorhanden. Die Lagerungsverhältnisse der Braunkohle im Rheinischen Revier sind „gestört“ und nach Nordwesten hin absinkend. Wir setzten unsere Fahrt durch das Industriegebiet „Knappsack“ fort, wo wir chemische Industriebetriebe und das UPM-Papierwerk sahen. Im Bereich der Berrenrather Börde beobachteten wir den landwirtschaftlichen Betrieb des Bauern Vahsen vom Bus aus, der neben ca. 140 ha Pflanzenbau inzwischen auch eine Putenfarm betreibt. In diesem Zusammenhang erfuhren wir interessante Fakten über Umsiedlungsbetriebe und Schirrhöfe, die von Rheinbraun für die landwirtschaftliche Rekultivierung betrieben werden. Durch Trockenverkippung oder Polderverfahren wird der für eine ertragsreiche Landwirtschaft notwendige „neue“ Boden bei der Rekultivierung hergestellt
Als nächstes fuhren wir weiter zum Dorf „Manheim“ – Schumis Heimat , welches dem Tagebau Hambach weichen muss und demzufolge umgesiedelt wird. Es war ein teils beklemmendes Gefühl durch das verlassene „Geisterdorf“ zu fahren und die verlassenen und verbarrikadierten Häuser zu sehen, wo noch vor ein paar Jahren ein normales Dorfleben stattfand. Teilweise konnten wir sogar schon den Abriss einiger Gebäude beobachten. Entlang der Entwässerungsanlagen des Tagebaus fuhren wir ins fast ebenso verlassene Morschenich, wo eine ähnliche Stimmung herrschte und nur noch sehr vereinzelt Häuser bewohnt waren.
Um den Prozess der Umsiedlung nachvollziehen zu können, besichtigten wir anschließend Neu-Morschenich. Dort waren bereits viele moderne Eigenheime sowie ein neuer Fußballplatz entstanden. Alle Häuser hatten einen modernen Baustil und teils große Gärten. Die Kosten waren mit 230 Euro pro Kubikmeter umbauten Raum angegeben. Die modernen Häuser sollten nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Haushalte wegen der Neubauten teils hoch verschuldet sind, da wird nur der Verkehrswert entschädigt wird und der ideelle Wert unberücksichtigt bleibt.
Nach diesen Eindrücken folgte eine Erklärung über die verschiedenen Umsiedlungsstrategien. Bei der geschlossenen Umsiedlung zieht die ganze Dorfgemeinschaft um und wird an bereits bestehende Siedlungen angeschlossen. Bei der Einzelumsiedlung siedeln einzelne Haushalt z.T. auch in andere Städte um. Bei der Gruppenumsiedlung findet eine gruppenweise Umsiedlung, z.B. nach Familien, statt. Auch der Friedhof zieht mit um!
Auf der Fahrt zum Aussichtspunkt bei Elsdorf stellen sich daher viele die Frage, ob eine derartige Umsiedlung vor dem Hintergrund des geplanten Kohleausstiegs überhaupt notwendig und sinnvoll ist. In nächster Nähe zum Hambacher Forst konnten wir zudem einen Blick auf das Protestcamp der Umweltaktivisten werfen. Um zum Aussichtspunkt zu gelangen, fuhren wir um die Sophienhöhe (200 m hoch) herum, die die Außenkippe des Tagebaus Hambach bildet und bewaldet ist. Am Aussichtspunkt angekommen, bot sich uns ein beeindruckender Blick über den Tagebau Hambach mit seiner Tiefe von 400 m auf einer Fläche von 85 Quadratkilometern. Die Fördermenge beträgt 40 Millionen Tonnen pro Jahr und damit ist Hambach der größte Braunkohletagebau in Deutschland. Es war beeindruckend, diese Dimensionen vor Ort selber zu sehen anstatt sie nur im Erdkundebuch nachzulesen. Im Tagebau selber sahen wir die abgebaute Braunkohle, die aufgrund der Witterungsbedingungen mit Wasser besprüht wurde, um Staubentwicklung zu vermeiden. Des Weiteren konnten wir die riesigen Absetzer, Abraumbagger und Kohlebagger bei der Arbeit beobachten. Diese Maschinen zählen zu den größten der Welt und sind bis zu 220 m lang und 96 m hoch. Den von RWE auf dem Aussichtspunkt errichteten Infotafeln waren nur selten objektive Informationen zu entnehmen.
Nach einstündigem Aufenthalt am Aussichtspunkt fuhren wir über die A4 nach Bonn zurück. Auf der Exkursion konnten wir viele neue und informative Eindrücke sammeln, die auch zum intensiven Nachdenken über das Thema „Braunkohleabbau und die damit verbundenen Folgen“ anregen.
(Lucas Lantzius-Beninga ,EF)