1-9-2015

Mit der Abschlusskonferenz am letzten Tag des Schuljahres 2014-15 hat für unseren Schulträger Ernst Martin Heel nun die dauerhaft unterrichtsfreie Zeit begonnen.

In seiner Reihe „Gespräch am Wochenende“ führte der General-Anzeiger Bonn ein Interview mit Herrn Heel:

„Ernst-Martin Heel hat die Fächer Deutsch und Geschichte 36 Jahre lang unterrichtet. Als Lehrer geht der 65-Jährige jetzt zwar in den Ruhestand, aber als Schulträger und Internatsleiter widmet er sich weiterhin in vollem Umfang seinem Aufgabenbereich. Anke Vehmeier sprach mit ihm über Schule, Schüler und Internat.

Wie hat sich die Schule in 36 Jahren gewandelt?

Ernst-Martin Heel: Augenscheinlich auf jeden Fall zunächst einmal hinsichtlich der Klassengrößen. Als ich 1978 eine „8″ als Klassen­lehrer übernahm, hatte ich 42 Schülerinnen und Schüler zu betreuen. In unseren Regelklassen wird die Zahl 30 zumeist unterschritten, in den Tages- und Internatsklassen, unserem Ganztagskonzept, bleiben die Zahlen einschließlich der Klasse 8 unter 20 Schülern. Insgesamt kann man sagen, dass durch ein hohes Maß an Differenzierung im Unterricht und entsprechende zusätzliche Förderkurse der einzelne Schüler mit seinen individuellen Fähigkeiten heute viel mehr im Fokus unserer pädagogischen Bemühungen steht als dies früher der Fall war.Wie haben sich die Schüler verändert?

Heel: Eine schwierige Frage, die nicht jeder Lehrer gleich beantworten wird. Natürlich bot der kulturelle Hintergrund der 70er und 80er Jahre einen anderen Hintergrund für Jugendliche, als es die heutige digitalisierte Welt tut. Wenn man aber richtig und mit ehrlichem Interesse auf die Schüler zugeht, ihre Anliegen ernst nimmt und zeigt, dass man sie menschlich schätzt, gibt es nur geringe Probleme, wenn überhaupt. Das war 1978 nicht anders als 2015. Unsere Schülerinnen und Schüler sind heute ausgesprochen freundlich und im Schnitt sehr kooperativ.

Beim Internat denkt man häufig an Streiche und besondere Abenteuer.

Heel: Diese Vorstellung entspricht eher der „Feuerzangenbowle“ oder „Hanni und Nanni“. Mit der wirklichen Internatswelt hat das nicht mehr sehr viel zu tun. Auch wenn es Jugendliche immer wieder reizt, Grenzen zu überschreiten, kommt es heute kaum noch zu Streichen. Dazu ist eine gewisse zeitbedingte Naivität von Jugendlichen nötig, die es so nicht mehr direkt gibt. Man findet heute auch deutlich weniger Spitznamen für Lehrer als noch zu meiner Schulzeit.

Welche Rolle spielt der Leistungsgedanke?

Heel: Nach der Abwertung des, Leistungsprinzips in den 70er Jahren bekennt sich, die gegenwärtige Gesellschaft offen zur Leistung. Diesen Anspruch gibt es auch berechtigterweise hinsichtlich der Schule. Grundsätzlich kann ich jedoch in unserem Schulumfeld nicht erkennen, dass Schüler und Eltern mit überzogenen Vorstellungen in dieser Richtung agieren, zumal wir darauf bedacht sind, keine einseitigen Zuspitzungen in dieser Hinsicht zuzulassen. Bedauernswert ist allerdings, dass der Bildungsbegriff gesamtgesellschaftlich dem Begriff der Ausbildung deutlich untergeordnet wird. Wir messen aber der Persönlichkeitsbildung sowohl in Schule als auch Internat immer noch einen großen Stellenwert bei, was sich sowohl in Schulprogrammen als auch dem täglichen Umgang miteinander niederschlägt.

Wie hat sich das Ernst-Kalkuhl-Gymnasium verändert?

Heel: Die Koedukation wurde zu Beginn der 70er Jahre bei uns in Schule und Internat eingeführt. Seit 2005 haben wir die Grundstruktur der Schule dahingehend verändert, dass wir aus unserer jahrzehntelangen Internatserfahrung dem Ganztagsgedanken bei uns eine ganz eigene Ausprägung in Form unseres Tagesinternats geben konnten. 85 Schülerinnen und Schüler besuchen unsere Schule in dieser Form, vorwiegend in der Unter- und Mittelstufe. Unsere Internatspädagogen haben alle eine abgeschlossene Hochschulausbildung und sind Teil des jeweiligen Klassenteams der Lehrer einer Klasse. So wissen Eltern, dass ihre Kinder gut aufgehoben sind und vor allem fachlich kompetent betreut werden.

Welche baulichen Maßnahmen haben das Gymnasium in den letzten Jahren verändert?

Heel: Rückblickend konnte in den letzten 15 Jahren mehr baulich verändert und andere Projekte dazu gebaut werden als in vielen Jahrzehnten zuvor. Neben dem Chemietrakt, der zweiten Turnhalle, dem Kalkuhlzentrum und der Medienbibliothek gab es bauliche Veränderungen in Schule und Internat und seinem Gelände. Alle Veränderungen und Neubauten sind von uns als privatem Träger zu hundert Prozent voll zu tragen und setzen voraus, dass die Einkünfte aus Internat und Tagesinternat stabil sind.

Woher kommen die Internatsschüler?

Heel: Traditionell kommen Sie in ihrer Mehrheit zu circa 50 bis 60 Prozent aus NRW, dem Großraum Köln-Düsseldorf, aber auch aus den von uns südlicher gelegenen Bundesländern bis hinunter nach München und Passau. Wir erleben jedoch momentan ein erhebliches Interesse an unserer Internatsschule aus dem Ausland. China, Japan, Südkorea, Iran, Spanien, Russland, Albanien. Seit drei Jah­ren besuchen Schüler des „Colegio Alemán“ in Mexiko City die 10. Klasse, leben im Internat und ge­hen anschließend nach Mexiko zurück, um dort in der 12 das deutsche Abitur zu machen.

Empfinden Sie sich, bei fehlender unterrichtlicher Tätigkeit nun als Pensionär?

Heel: Eigentlich gar nicht. Das geht auch nicht, weil ich weiterhin die Verantwortung für den Fortbe­stand und die Weiterentwicklung des Privaten Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums trage. Ich habe nun die Chance, die Akzente meiner Tätigkeit in unserem jetzt 135-jährigen familiär geführten Bildungsunternehmen anders zu setzen.“ veh
General-Anzeiger Bonn v. 20./21.06.2015