Ruhr Wanderfahrt Ostern 2013

Es fing an mit einer chaotischen Planung: Adrian und ich hatten uns bereit erklärt, die Fahrt zu organisieren, waren jedoch völlig unentschlossen, wohin es gehen sollte. Die Ems war zu riskant bei Niedrigwasser, die Lippe hat keine Bootshäuser für die Übernachtung, die Saar bzw. Die angrenzenden Kanäle sind zu weit weg. Auf Anraten von Stephan Möckel entschieden wir uns dann für die Ruhr: Nahe gelegen, steuertechnisch anspruchsvoll, landschaftlich schön, und trotzdem mit Zivilisation in angenehmen Abständen.

Es sollte eine Wanderfahrt ohne Landdienst werden, trotz der vielen Umtragestellen, doch da Sunny wegen Krankheit und der niedrigen Temperaturen sich dazu bereit erklärte, den Bus neben uns her zu fahren, statt selber mit zu rudern, brauchte Adrian sich am Freitag keinen Urlaub nehmen und wir brauchten keine große Angst vor den Umtragestellen haben. Um auf kurzfristige Ab- oder Zusagen vorbereitet zu sein, luden wir am Mittwoch vor der Fahrt ganze drei Boote auf den Hänger: Kaeff, Annanass und Spinatwachtel.

Am Freitag, dem 22.03.2013, trafen wir uns also um halb 8 Uhr morgens am Bootshaus, um von dort aus zu unserer Einsatzstelle zu fahren: Schwerte. Schon an diesem Tag war das Wetter alles andere als angenehm: Frostige Temperaturen und ein kalter, trockener Wind erwarteten uns. Trotzdem fuhr Sunny uns (Maileen Krämer, Clemens und Luisa Köhn und mich) zum Kanu-Club Schwerte. In Schwerte angekommen, wurde Annanass abgeladen, aufgeriggert und mit Wägelchen, Wasserflaschen, etc. beladen. Beim Ablegen wurden wir aber mit einem Problem konfrontiert: Die Ruhr ist so weit oben noch sehr schmal und bei Hochwasser entsprechend zügig unterwegs. Wir mussten uns also zunächst rückwärts um die erste Kurve treiben lassen, bevor ein sehr knappes Wendemanöver eingeleitet werden konnte. Um uns beim Umtragen der Boote an dem Tag zu unterstützen, wollte Sunny neben uns her gehen. Doch schon nach dieser ersten Kurve stellte sich heraus, dass die starke Strömung und der glücklicherweise in die richtige Richtung stehende Wind uns auf eine gemütliche Fahrradgeschwindigkeit beschleunigt hatten. Sunny ging also zurück zum Kalkuhl-Bus, um damit zur ersten Umtragestelle zu fahren. Fleißig wie wir 4 waren, überwanden wir die ersten 6 km in nur einer Dreiviertelstunde (nicht ganz ohne Hilfe von Strömung und Wind), und mussten erst mal auf unsere Unterstützung warten. Die erste Umtragestelle verlief reibungslos, aber nach weiteren 6 km erwartete uns schon das nächste Hindernis: Eine Umtragestelle durch einen Tunnel, in dem man sich vor den Spinnenweben ducken muss, ist schon nicht sehr angenehm, aber am Ende des Tunnels lag lediglich eine ca. 10m x 3m große Betonstufe, die einen guten halben Meter über der Wasseroberfläche lag. Eigentlich hätte man noch eine Stufe weiter herunter gehen können, aber diese war abgebrochen und gesperrt. Zum Glück hatten wir Sunny dabei, wodurch sowohl uns, als auch dem Boot nichts passierte. Immerhin wissen jetzt auch Clemens, Maileen und Luisa, wie man ordentlich von einem höheren Ufer aus ins Boot steigt! Die dritte und letzte Umtragestelle war nur 2,5 km von der zweiten entfernt, und stellte kein größeres Problem dar. Danach ging es noch über den Harkortsee, wo der Wind nur noch kräftiger blies. Wir stellen also die Blätter in den Wind, lehnten uns zurück, und genehmigten uns einen kleine Snack, bis uns zu kalt wurde und wir zu unserem Tagesziel, dem Ruderclub „Mark“ in Wetter, ruderten.

In Wetter kauften wir ein, holten den Hänger aus Schwerte und begrüßten Adrian, der um 5 Uhr auf dem direkten Weg von der Arbeit zu uns stoß. Glücklicherweise durften wir im Jugendraum/Kraftraum des Ruderclubs übernachten, wo wir uns mit Kickern, Kartenspiel, und Radio Hören die Zeit vertreiben konnten.

Am nächsten Tag schliefen wir aus, soweit es ging – also nicht sehr lange (Sunny und ich sind laut Adrian ein richtiges Schnarch-Orchester) – und riggerten Annanass ab und Kaeff auf. Wir hatten zwar überlegt, stattdessen Annanass und Spinatwachtel zu fahren, damit niemand handsteuern muss, aber zwei Boote umzutragen war uns zu umständlich. Von Wetter bis Hattingen lagen 25 km, drei Umtragestellen und zwei Bootsgassen vor uns. Sunny musste leider erst einmal ins Krankenhaus, weil er sich den Rücken verzogen hatte. Aber auch so meisterten wir die sehr lange erste Umtragestelle mit nur einigen wenigen Diskussionen zwischen Adrian und mir. Danach fuhren wir durch ein paar Stromschnellen, die auch bei dem höheren Wasserstand deutlich merkbar waren. Immer wieder kamen wir an „Pacman-Schildern“ vorbei – Schilder, die darauf hinweisen sollten, dass ein starker und gefährlicher Schwall aus den Rohren rechts und links an der Ruhr kommen kann, die aber eher belustigend wirken -, und es juckte uns in den Fingern, aber nirgends bot sich eine gute Gelegenheit zum Anlegen. In Witten war die Umtragestelle wieder schwierig. Dort gibt es 2 Wehre, hinter denen noch der Ruder-Club Witten liegt. Auf der letzten Ruhr-Wanderfahrt hatten wir am ersten Wehr umgetragen und es nicht angenehm in Erinnerung behalten, also trugen wir über das Vereinsgelände des Ruder-Clubs um, nachdem wir deren regen Ruderbetrieb abgewartet hatten. Im Unterwasser lag freundlicherweise ein Steg – leider vom Hochwasser überschwemmt. Wir mussten also wild einsetzen, schafften es aber ohne nasse Füße. Es folgten weitere Stromschnellen und der Wind blies mal von rechts, mal von links, und mal von hinten, in jedem Fall war uns kalt – und es war erst die Hälfte getan, als wir an dem Doppelwehr Herbede ankamen. Eigentlich hätten wir da eine Bootsgasse zum Treidel vorfinden sollen, die war aber gesperrt. Also mussten wir wieder einmal umtragen. Trost lieferte nur, dass auch die Schleuse defekt war, deren unteres Tor immer wieder auf und zu ging – wir waren also nicht die einzigen Leidenden. Nach der Schleuse lag das Wehr direkt am Fahrwasser auf der linken Seite in der Außenkurve, und wegen der starken Querströmung drifteten wir in komischer Stellung durch die Kurve. Nach einem weiteren Kilometer waren wir am Kemnader See angekommen, was wir durch das Schild „Bei hängendem ROTEN BALL ist der Kemnader See für alle Wassersportler gesperrt“ erkannten, an dem ein rundes, rotes Ding hing –sicherlich nicht der besagte rote Ball! Warum der See gesperrt war, erfuhren wir schnell genug: Der Wind blies mit aller Kraft – zum Glück in unsere Fahrtrichtung! – und schob Wellen vor sich her, die uns selbst bei hohen Temperaturen und Sonnenschein das Leben schwer gemacht hätten. Da uns aber auch so schon kalt war, machten die Wellen kaum noch einen Unterschied. Bei der Stauanlage Kemnade gab es wieder eine Bootsgasse. Die Frage war: Treideln oder Rutschen? Treideln hätte das Boot geschont, aber das Wasser lag recht tief, und der Schwall am unteren Ende der Gasse hätte das Boot stark rausgedrückt, und wir waren uns nicht sicher, ob wir in der Besetzung das Boot hätten halten können. Andererseits könnten wir durch diesen Schwall auch leicht Wasser über den Bug nehmen, und die Bootsrutsche machte am Ende einen hässlichen Knick. Trotzdem wagten wir es: Zur Sicherheit hatten wir noch einiges Gepäck in Richtung Heck verlagert. Trotz des Windes und der 30cm-Wellen schafften wir es, ohne Materialschaden die Bootsgasse mittig anzusteuern und rutschen mit hoher Geschwindigkeit abwärts. Erst am Ende passierte, was weder Adrian, noch ich vorhergesehen hatten: Wir setzten durch das niedrige Wasser mit dem Heck auf dem Boden der Gasse auf. Das Resultat ist ein Schaden am Kiel von Kaeff, der den restlichen Tag aber noch dicht hielt. Hoffentlich lässt er sich leicht reparieren – hier schon einmal vielen Dank und ein großes „Entschuldigung!“ an die Bootswarte! Anstatt wie auf der letzten Ruhr-Fahrt links in Richtung Wehr zum Ruder-Verein Blankenstein zu rudern, kamen wir wieder an eine etwas längere Umtragestelle über ein Kraftwerksgelände. Schwierigkeit war hierbei, das Boot ohne Schäden in eine meterbreite Gasse zu manövrieren, während uns der Wind von der Seite zu seinem Spielball machte und uns in Richtung Wehr drängte, und im Unterwasser der Strömungen von Wehr UND Kraftwerk zum Trotz das Boot sicher einzusetzen und alle auf ihre Bootsplätze zu setzen. Zuletzt standen noch einige Kilometer mit wechselnder Windrichtung, aber immer starkem Wind, und mäßiger Strömung bis zum Hattinger Ruderverein an. Dort angekommen lagerten wir das Boot in Ufernähe und machten es uns im Gemeinschaftsraum/Kneipe des Bootshauses gemütlich. Sunny zauberte uns dank einer gut ausgestatteten Küche selbst panierte Schnitzel Wiener Art mit Kroketten. Abends spielten wir noch Activity und Monopoly – Clemens gewann unverdient! – und legten uns müde, aber immerhin wieder aufgetaut schlafen.

Am nächsten Tag konnten wir tatsächlich bis um 9 Uhr morgens ausschlafen, aber auch mit der zusätzlichen Energie stand dank Wetterbericht fest: Heute geht es nicht wieder aufs Wasser. Vor Sturmböen war gewarnt worden, und gerade nach unserer Erfahrung auf dem Kemnader See und der unerwartet gesperrten Bootsgasse beschlossen wir einstimmig, die Fahrt abzubrechen, und den Weg nach Bonn anzutreten. Während Adrian und Sunny den Hänger aus Wetter holten, riggerte ich das Boot ab und die „Kleinen“ sorgten dafür, dass das Bootshaus sauberer als am Tag zuvor war. Auf der Rückfahrt redeten wir nicht viel, denn schon über den kurzen Vormittag hatten wir das Wetter zu spüren gekommen, aber wir waren froh, im warmen Bus zu sitzen. In Bonn angekommen wurden die Boote geputzt und aufgeriggert, das Gepäck ausgeladen, alle abgeholt, und sich auf das warme Zuhause gefreut.

Dem Wetter und aller Klagen zum Trotz denke ich, dass es eine schöne Wanderfahrt war, die zwar unter keinem guten Stern stand, aber bei milderem Wetter zu einer milderen Jahreszeit und vielleicht auch mit etwas stärkeren Mannschaften unbedingt wiederholt werden sollte!