Bericht von Jana und Nina (September 2013)

Damit ihr euch vielleicht ein bisschen vorstellen könnt, wie unser Leben hier aussieht, ein paar Eindrücke aus Haiti…

Wir leben in einem kleinen Häuschen (na ja, für uns beide ist das ziemlich groß), das Marie-Josées Schwester, Miriam, extra für uns hergerichtet hat. Es steht auf einem ziemlich großen Gelände, auf dem sich auch die Schule, das Waisenhaus, eine Cafeteria und mehrere Küchen, sowie ein Teil, wo die Schwestern der Laiengemeinschaft leben, befindet.

Jana und ich, wir beide haben ein eigenes Zimmer für uns, in dem ein Bett steht, das von einem Moskitonetz umgeben ist. Das ist wirklich notwendig, denn sonst wären wir schon längst von einer Mückenschar verspeist worden. Außerdem gibt es ein Bad, das mit einer Dusche, einer Toilette und einem Wasseranschluss für ein Waschbecken ausgestattet ist. Das mit der Toilette ist so ne Sache, sie hat immer getropft und Wasser verloren. Doch wir nahmen die Sache einfach selber in die Hand und schauten uns im Toilettenkasten ein wenig um, bis wir das System verstanden und es mit Hilfe eines Stocks reparierten. Für die Dusche sind wir besonders dankbar, auch wenn sie keinen richtigen Wasserstrahl hergibt, so wie wir das bei unseren Duschen kennen, doch sie erfüllt ihren Zweck (auch als Waschbecken) und leistet tagtäglich Großartiges! Denn es ist wirklich eine Wohltat, jeden Morgen, wenn wir ganz verschwitzt aus dem Bett taumeln, sich erfrischen zu können. Und wenigstens für ein paar Minuten das Gefühl zu haben, frisch und sauber zu sein! Ich glaube, spätestens seitdem ich hier bin, weiß ich eine Dusche, ja sogar gerade eine kalte, richtig zu schätzen!!
Fließendes Wasser gibt es meistens schon, doch wenn ein bestimmtes Kontingent erreicht ist, oder manchmal aus auch für Jana und mich unersichtlichen Gründen, gibt es erst mal für längere Zeit kein Wasser mehr.
Strom gibt es hier im Haus eigentlich auch, man weiß nur nie wann und wie lange. Bei uns am Haus wird der Strom aus Solarzellen auf dem Dach gewonnen, das ist aber hier eher eine Ausnahme und die Strompreise sind wirklich extrem hoch. Dann gibt es noch einen großen Raum, in dem ein Kühlschrank, ein großer Tisch mit einem großen Wasserbottich, der immer mit gereinigtem Trinkwasser gefüllt wird, stehen.

Wir haben eigentlich einen sehr gesunden Tagesrhythmus, der verglichen mit unserem in Deutschland ziemlich vorbildlich ist.
Abends gehen wir fast immer sehr früh schlafen. Denn schon gegen sieben geht hier die Sonne unter, jeden Tag. Wir schlafen, im Vergleich zu Deutschland 😉 , sehr viel, oft sogar zwölf Stunden. Morgens wachen wir dann so zwischen halb sieben, halb acht, ganz von alleine auf. Manchmal, da muss man ehrlich sein, helfen uns die Hitze, die verrückten Hähne, oder auch das hier auf dem Grundstück lebende Hunderudel ein bisschen nach 😉 .

Noch ganz frisch und ungeschwitzt, nach der wunderbaren Dusche, frühstücken wir erst einmal in aller Ruhe. Jeden Morgen gibt es weißes Baguette, das mit importiertem Weizen hier vor Ort gemacht wird. Dazu essen wir Confiture mit Früchten aus der Region, die unglaublich lecker ist. Außerdem kauft Miriam auch immer frz. Käse für uns, was total lieb ist, uns jedoch auch seltsam vorkommt, hier in Haiti, frz. Käse zu essen. Manchmal bekommen wir auch noch Rührei, das mit Piment gewürzt und das absolut beste Rührei ist, das ich jemals gegessen habe. Die Eier bekommen wir von den Hühnern, die im Garten der Communauté leben. Genauso eine Besonderheit ist der Kakao, den es ab und zu gibt. Er schmeckt lange nicht so wie der Kakao bei uns, aber er schmeckt sowohl Jana als auch mir viel besser, viel natürlicher. Er wird mit Kakaobohnen, Muskatnuss, Zimt, Zucker, Wasser und Milch zubereitet. Außerdem bekommen wir ganz viel verschiedenes heimisches Obst, was unser Frühstück noch viel köstlicher macht.

Nachdem wir uns so gut gestärkt haben, fangen wir unsere „Arbeit“ an. Diese bestand in der ersten Woche darin, ein Depot zu sortieren, in dem so ziemlich alles (Medikamente, Schul-/Spielsachen, Bücher, Klamotten…) gelagert wird und das unbedingt aufgeräumt werden musste.

Seit dieser Woche haben wir die „Arbeit“ mit den Kindern angefangen. Dafür haben wir uns einen (gut gefüllten) Plan erstellt. Morgens setzen wir uns mit zwei bis drei Kindern zusammen, die noch fast gar nicht, bzw. große Schwierigkeiten mit dem Schreiben und Lesen und dem Sprachverständnis haben. Neben dem laut Lesen, das Alphabet schreiben lernen, spielen wir auch Gesellschaftsspiele mit ihnen. Denn auch das machen die Kinder nicht oft und es hilft ihnen spielerisch zu lernen.
Ein paar der Kinder haben große Schwierigkeiten sich länger zu konzentrieren oder sich nicht ablenken zu lassen, sodass die Lerneinheiten nicht so lang sind oder von Pausen mit Spielen unterbrochen sind.
Nach dem Mittagessen, welches immer sehr lecker und abwechslungsreich ist, geben wir dann zwei Gruppen mit jeweils drei Kindern Flötenunterricht. Das macht uns auch sehr viel Spaß, weniger vielleicht unseren Ohren. Doch ich hatte schon vergessen wie schwer es für mich die ersten Male gewesen sein musste, als ich so eine, im Vergleich zu meinen damals kleinen Fingern, riesige Flöte, mit ganz schön vielen Löchern in der Hand hielt.
Nach einer Pause geht es dann weiter mit einer Gruppe von acht Kinder, mit denen wir Theater machen wollen. Auch darauf freuen wir uns schon ziemlich!

Und auch die Kinder sind immer motiviert. Sie freuen sich so sehr darüber, wenn sich jemand mit ihnen beschäftigt. Die Erzieher, die hier mit ihnen zusammen leben und auch die Schwestern tun ihr Bestes, damit es den Kindern an nichts fehlt, doch sind es ziemlich viele Kinder und das Geld ist halt immer knapp, sodass es nicht möglich ist, noch mehr Erzieher zu bezahlen.
Doch beschäftigen sich die Kinder auch ganz gut untereinander. Sie sind erfinderisch und helfen sich gegenseitig. Ich habe, dass Gefühl sie halten immer zusammen und lernen schon sehr früh selbstständig zu sein, bzw. einem anderen Kind zur Seite zu stehen, wenn es alleine nicht weiter kommt. Und sie passen gegenseitig auf und ermahnen sich untereinander, wenn z.B. ein Kind nicht hört.
Jeden Sonntag z.B. organisieren die älteren Kinder den ganzen Tag und kümmern sich um das Essen, da die Erzieher und die Köchin frei haben.

Es ist schön, das so zu sehen. Das Waisenhaus bietet wirklich eine Perspektive für Kinder, die sonst keine hätten.

Jana und ich sind ziemlich glücklich hier zu sein, wir selber lernen so viel, vor allem auch von den Kindern selber! Es ist eine riesige Chance für uns. Denn wir können völlig frei bestimmen, wie wir uns organisieren und was wir mit den Kindern machen. So können wir uns auch selber ausprobieren. Außerdem wird alles dafür getan, dass es uns gut geht. An den Wochenenden versuchen wir z.B. auch viele Ausflüge zu machen. So lernen wir ein bisschen mehr von dem Land und den Leuten kennen.

Denn von dem, was ich bis jetzt von Haiti gesehen habe, kann ich sagen, dass es ein sehr schönes Land ist. Die Natur ist atemberaubend, das Land ist sehr gebirgig und reich an vielen verschiedenen Pflanzen, die wir gar nicht kennen. Und es gibt natürlich auch ein Meer hier, wie auf den Bildern in Reisekatalogen! Die krasse Armut, die im ganzen Land zu finden und nicht zu übersehen ist, ist natürlich auch eine neue, aber keineswegs eine schlechte Erfahrung für uns. Mich selber schockiert sie noch nicht so sehr, wie ich gedacht hätte. Vielleicht, weil wir noch nicht in die richtigen „Elendsviertel“ rein gegangen sind, vielleicht, weil ich noch Zeit brauche, bis all die Eindrücke wirklich in meinem Kopf angekommen sind, vielleicht, weil wir bis jetzt immer noch genug „Abstand“ dazu hatten…doch trotz allem, bringt mich vieles zum Nachdenken und vor allem auch dazu mein eigenes Verhalten, meine eigene Lebensweise zu reflektieren.

Dafür bin ich sehr dankbar!